Fasziniert von der pulsierenden Hauptstadt Seoul, der konfuzianischen Kultur sowie dem unendlichen Ehrgeiz der Koreaner, verließ ich Korea nach meinem Auslandsjahr an der Ewha Womans University im Rahmen meines Studiums an der TU Darmstadt. Daraufhin fasste ich den Entschluss, meinen Master in Korea zu machen und länger in meiner Wahlheimat zu leben. Seoul ist eine unglaubliche Stadt: Alte Tempel stehen inmitten von Wolkenkratzern, Straßenverkäufer säumen den Straßenrand und in den lebendigen Uni-Vierteln kann man zwischen moderner Straßenmusik, klassischen Arrangements oder hippen koreanischen Clubs wählen. Alles 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Seoul schläft nie.

Freiwilligenarbeit zwischen Reisfeldern und nordkoreanischer Grenze
Bevor ich mich in Seoul niederließ, absolvierte ich ein Freiwilligenprogramm an der Sanmaeul High-School auf der Insel Ganghwa. Ich verbrachte zusammen mit den Schülern den Alltag, unterstütze sie beim Englisch lernen und arbeitete mit den Bauern auf den Reisfeldern. Das Besondere an der Insel ist, dass sie direkt an der Grenze zu Nordkorea liegt und nur durch einen Fluss zu Nordkorea getrennt ist. Nichtsdestotrotz bietet die landschaftlich schöne Region einen Rückzugsort für Städter aus Seoul. Die High-School ist auch keine normale koreanische Schule, die regelmäßig negative Schlagzeilen über Stress, Überforderung und Suizid macht, sondern eine alternative ökologische Einrichtung, die den Schwerpunkt auf die Entwicklung der Schüler legt. Es gibt keine Schuluniformen, der Unterricht findet in traditionellen koreanischen Hütten statt und Schüler können in verschiedenen Kursen ihren eigenen Interessen in Musik, Kunst, Sport und Literatur nachgehen. Darüber hinaus müssen sie auch auf den schuleigenen Reisfeldern mithelfen.

Studieren in internationalem Umfeld mit Praxisbezug
Aktuell studiere ich an der Seoul National University Internationale Beziehungen. Diesem Studium stellte ich noch ein Praktikum in der Verwaltung des Goethe-Instituts Korea voran. Dabei konnte ich einen umfassenden Einblick in die Verwaltungsabläufe einer deutschen Institution im Ausland sowie in die deutsche Kulturpolitik gewinnen.

Das Studium an der Seoul National University ist sehr fordernd. Neben Anwesenheitspflicht in allen Veranstaltungen gibt es viele Seminararbeiten, Präsentationen sowie Zwischen- und Abschlussprüfungen während des Semesters. Besonders interessant macht das Studium das universitäre Umfeld. Da die SNU als die beste koreanische Universität gilt, haben bzw. hatten viele Professoren beratende und leitende Funktionen in der koreanischen Politik und Wirtschaft inne. Ergänzt wird dies durch regelmäßige Gastvorträge von Diplomaten, Wissenschaftlern und Führungspersonal aus internationalen Organisationen wie z. B. IWF-Chefin Christine Lagarde. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hielt im Frühjahr einen Vortrag über die deutsche Wiedervereinigung. Außerdem bieten studentische Diskussionsrunden eine Austauschmöglichkeit für politische und wirtschaftliche Themen in Bezug auf verschiedene Weltregionen. Die Studierendenschaft am Institut ist, wenn auch mehrheitlich koreanisch, sehr international. Neben vielen Studenten aus Japan und China sind auch Afrika, Amerika und Europa vertreten. Dies bietet Grundlage für Diskussionen zu Themen wie den Inselstreit im chinesischen Meer oder zur Taiwan-Frage, die in Deutschland oft nur in Randnotizen erwähnt werden.

Ausgangspunkt für Reisen durch Fernost
Neben hervorragenden Studienbedingungen bietet Korea auch einen optimalen Ausgangspunkt für Reisen in Asien: Japan, Taiwan, Hong Kong, Macau aber auch Südostasien sind nur wenige Flugstunden von Seoul entfernt. Außerdem waren auch exotischere Ziele, wie die Endstation der transsibirischen Eisenbahn, Wladiwostok, schon Ziel meiner Reisen durch Asien. Ermöglicht wird mir dieses außergewöhnliche Studium durch ein Stipendium für ausländische Studierende der Universität sowie einer Nebentätigkeit als Deutschlehrer in der germanistischen Abteilung. Dieser ungewöhnliche Schritt hat sich trotz krasser kultureller Unterschiede und Schwierigkeiten, auch sprachlicher Natur, in jedem Fall gelohnt. Nicht nur in fachlicher Hinsicht konnte ich meinen Horizont erweitern: Besonders die interkulturellen Kompetenzen, die ich mir durch das Leben in einem anderen Kulturraum aneignen konnte, empfinde ich als besonders wertvoll.

Über Sebastian Tobginski
Sebastian Tobginski (26) studierte Soziologie und Politikwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt und der Ewha Womans University in Seoul. Seinen Master der Internationalen Beziehungen macht er an der Seoul National University in Südkorea. Er ist Mitglied der Jungen Union Viernheim.

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