Die kürzlich aufgekommenen Debatten um chinesische Beteiligungen an einem Cointainer-Terminal des Hamburger Hafens sowie am Chiphersteller Elmos zeigen auf, wie kontrovers dieses Thema aktuell diskutiert wird. China ist nach Höhe der Exporte und Importe nach den USA der zweitwichtigste Außenhandelspartner Hessens. Auf Bundesebene ist China sogar seit sechs Jahren in Folge der wichtigste Außenhandelspartner. Jedoch baut China, trotz des weit höheren Bruttoinlandsproduktes, die Abhängigkeiten langsam ab, während wir in Deutschland sie weiter aufbauen, was sich in einem größer werdenden Handelsbilanzdefizit niederschlägt. Diese Beziehung basiert nicht nur auf Handel allein, sondern auch auf Beteiligungen chinesischer (Staats-) Unternehmen in Hessen und vice versa.

Laut der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI) stellt China mit mehr als 900 aktiven Unternehmen und Organisationen die zweitgrößte Business-Community Hessens. Wohlgemerkt haben einige dieser Partnerschaften zu Erfolgen geführt, welche ohne den starken Partner so nicht möglich gewesen wären. Insbesondere in der Gesundheits- & Medizinindustrie könne man laut Dr. Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer der HTAI, noch viel voneinander lernen. Jedoch machen Entwicklungen wie die Lieferkettenproblematik in der Coronapandemie, die Abhängigkeit von russischem Gas, das Bekanntwerden der Menschenrechtsverletzungen am Volk der Uiguren sowie die immer autokratischer werdende chinesische Regierung und ihr Blick nach Taiwan nachdenklich, auf welche Art und Weise diese wichtige Partnerschaft in Zukunft gestaltet werden sollte. Im Ernstfall, beispielsweise in Folge eines Einmarschs in Taiwan, wäre ein Abbruch der wirtschaftlichen Beziehungen mit China viel folgenreicher für Hessen als mit Russland, welches davor „nur“ Platz acht der wichtigsten Handelspartner belegte.

Hier zeigt sich die wirtschaftliche Notwendigkeit, strategische Konzepte zu erarbeiten und vorsorgliche Maßnahmen einzuleiten. Ein nationales Geschäftsmodell, das auf preiswerter Energie aus Russland und reichlich Handel mit China beruht, steht vor einer schweren Prüfung. Daher ist dieses Thema nicht nur auf Bund- & Länderebene, sondern auch in betroffenen Kommunen, wichtig.

Ein Beispiel aus Hessen ist die traditionsreiche deutsche Privatbank Hauck Aufhäuser, welche 2015 für 210 Mio. Euro von dem chinesischen Investor Fosun gekauft wurde. 2020 wurde das Bankhaus Lampe für einen geschätzten Marktwert von 200 bis 300 Mio. Euro hinzu gekauft. Die neue Bank nennt sich nun Hauck Aufhäuser Lampe (HAL). Laut Fosun’s Jahresabschluss ist die Wachstumsstrategie der Bank eine Brücke zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen zu schlagen sowie grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen zu begleiten. Einige Mitglieder des Aufsichtsrates werden von dem Investor Fosun, einem multinationalen Konglomerat aus der Privatwirtschaft ohne besorgniserregende Beziehungen zur chinesischen Regierung, gestellt. Allerdings muss bedacht werden, dass die chinesische Regierung auch auf die Privatwirtschaft Einfluss nehmen und – falls die Kooperation verweigert wird – Druck auf das Unternehmen selbst oder Einzelpersonen ausüben kann, um ihre Ziele zu erreichen. Häufig werden Parteizellen in Privatunternehmen eingeführt, deren Mitglieder Lobbyismus beim Staat betreiben können oder eben auch umgekehrt die Interessen des Staates im Unternehmen vertreten. Um vor diesem Einfluss geschützt zu sein, haben einst einige chinesische Geschäftsleute begonnen ihre Unternehmen nach Hongkong oder Singapur zu verlagern.

Der chinesische Maschinenbauer Weichai Power, ein Tochterunternehmen der staatlichen Shandong Heavy Industry Group, beteiligte sich im Jahr 2012 mit 467 Mio. Euro zu 25% an der in Frankfurt ansässigen Kion Group und hat gleichzeitig für 271 Mio. Euro die Mehrheit (70%) an der technologisch führenden Hydrauliksparte Linde Hydraulics erworben. Die Anteile an der Kion Group wurden über die Jahre auf mehr als 45% ausgebaut. Kion ist durch die Unterstützung der chinesischen Investoren zum größten ausländischen Hersteller für Gabelstabler und Lagertechnik in China gewachsen. Ein Abfluss von Know-how ist in diesem Sektor zu befürchten. Zudem beteiligen sich viele chinesische Investoren über die Börse an deutschen Großunternehmen wie beispielsweise die HNA Group, welche zwischenzeitlich mit mehr als 5% an der Deutschen Bank beteiligt war.

Xi Jingping hat verdeutlicht, dass es für ihn nur eine Frage der Zeit sei bis Taiwan zu China gehöre. Diese bevorstehende Gefahr muss antizipiert werden und die Beziehungen, die wir mit chinesischen Unternehmen eingehen sowie die damit entstehenden Abhängigkeiten/Verflechtungen so gestaltet werden, dass sie uns im Ernstfall nur einen begrenzten und kalkulierbaren Schaden zufügen können. Auch in Hessen müssen wir klar definieren, was zur kritischen Infrastruktur gehört, welche Güter auch in Deutschland produziert werden müssen, um die Versorgung zu sichern und in welchen Zukunftstechnologien wir es chinesischen Investoren verbieten einzusteigen, um Abfluss von Know-how zu verhindern. Gleichzeitig muss der Kontakt mit neuen Partnern in Hinsicht auf Lieferketten, Absatzmärkte, Produktion und Rohstoffquellen eingegangen werden. Aus diesem Grund ist auch ein Freihandelsabkommen zwischen EU und Indien im Gepräch. Der Ausbau der Beziehungen zu Vietnam, Singapur, Indonesien und Südkorea könnte ebenfalls Chancen bieten. Gerade Unternehmen mit hohem Umsatzanteil in China wären durch Sanktionen von der Insolvenz bedroht und müssen im schlimmsten Fall vom Steuerzahler gerettet werden. Daher muss die Wirtschaftspolitik die Rahmenbedingungen anpassen und positive Anreize schaffen, um das Engagement in China abzubauen. Gleichzeitig sollten Projekte mit anderen Partnern gefördert werden.

Bild: Pixabay/SW1994

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Johannes Karsch