Von Frederic Schneider,
LÖWENMAUL-Chefredakteur

Wenn Prof. Riesenhuber zum Reden ansetzt, dann ist es im gesamten Raum mucksmäuschenstill. Unterbrochen wird die Ruhe immer nur dann, wenn er wieder einmal eine lockere Redewendung bringt, und vom Applaus, wenn er den richtigen Ton trifft. Mit dem Zeigefinger deutet er gerne zur Mahnung in die Luft und mit einem ans Satzende gestellten „gell“ bestätigt er den Zuhörern, was sie eh schon wissen: Was dieser Mann sagt, hat Hand und Fuß. Immer bei seinen Auftritten dabei: Sein Erkennungszeichen, die berühmte „Riesenhuber-Fliege“ – ein Hingucker, die er einst aus Bequemlichkeit als Mode-Accessoire für seinen Beruf anzog und die ihn über Jahrzehnte in der Politik begleitete.

Mit der Bundestagswahl am 24. September endete diese Ära. 1976 zog der am 1. Dezember 1935 in Frankfurt am Main geborene und später promovierte Naturwissenschaftler Heinz Riesenhuber das erste Mal in den Deutschen Bundestag ein. NATO-Doppelbeschluss, der Umgang mit der RAF, die Deutsche Einheit und die Einführung des Euros – Prof. Riesenhuber war immer als Abgeordneter dabei. Wer diese geschichtliche Dimension auf sich wirken lassen möchte, sollte zum Beispiel nach Bonn reisen und das Alte Wasserwerk besuchen. Dort residierte der Deutsche Bundestag von 1986 bis 1992. Noch heute sind die Namensschilder der damaligen Abgeordneten ausgestellt und es gibt nur sehr wenige, die heute noch erkannt werden: Der Name Heinz Riesenhuber gehört dazu.

Was dieser Mann sagt, hat Hand und Fuß.

Als Chemiker und langjähriger Geschäftsführer in der Metallbranche interessierte sich Heinz Riesenhuber mit Vorliebe für Forschungs- und Technologiepolitik. Nachdem er zu seinen Anfangszeiten im Deutschen Bundestag energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU war, ernannte ihn Helmut Kohl am 4. Oktober 1982 folgerichtig zum Bundesminister für Forschung und Technologie: Über die Parteigrenzen hinweg wurde seine Sachkunde gelobt und mit voller Leidenschaft engagierte sich der Bundesminister Riesenhuber für die Grundlagenforschung. Nach seinem Ausscheiden als Minister 1993 blieb er Mitglied des Deutschen Bundestages und seinem Wirkungsfeld verbunden. Bundesweit bekannt wurde er in jüngster Zeit nicht zuletzt als Alterspräsident mit seinen humorvoll pointierten Eröffnungsreden zu Beginn der Legislaturperiode und als Vorsitzender der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, der er seit 2006 in diesem Amt dient.

Der Jungen Union ist Prof. Riesenhuber bis heute tief verbunden. Vier Jahre, von 1965 bis 1969, ist Heinz Riesenhuber der Chef der Jungen Union Hessen gewesen. Wenn die Junge Union bei Parteiämtern und Listenplätzen berücksichtigt werden möchte, erinnert er noch heute stets daran, er sei doch auch ein Vertreter der Jungen Union. Seit bald 40 Jahren, genauer: seit 1979, sitzt Riesenhuber dem CDU-Bezirksverband Frankfurt/Untermain vor und gehört damit qua Amt auch dem Landespräsidium der CDU Hessen an. Damit hat er seit mehreren Jahrzehnten eine einflussreiche Aufgabe, vergaß dabei nie die Bodenhaftung und blieb auch für jüngere Abgeordnete immer ansprechbar und ein willkommener Ratgeber.

Prof. Dr. Heinz Riesenhuber schöpfte seine Bekanntheit als Bundestagsabgeordneter nie aus Auftritten in Talkshows oder indem er sich öffentlich quer stellte; er war deshalb angesehen, weil er sich vor Ort in seinem Wahlkreis „Main-Taunus“ zeigte und Herausforderungen elegant für seinen Wahlkreis lösen konnte: Durch seine vielfältigen Kontakte im politischen Berlin verhalf er den örtlichen CDU-Verbänden nicht nur regelmäßig zu prominenten Gastrednern, sondern er wusste auch immer die richtige Telefonnummer in seinem Adressbuch zu finden, wenn es mal ein Problem gab.

Zur regionalen Berühmtheit wurde sein jährlicher Neujahrsempfang, ein Pflichttermin, zu dem er ausgewählte Kommunalpolitiker aus seinem Wahlkreis, aus der Frankfurter CDU und, ganz wichtig, seine Nachbarn zu sich nach Hause im Frankfurter Stadtteil Unterliederbach einlud. Stets begleitet von der regionalen Presse, hielt er stehend – wie eh und je – in seinem voll besetzten Wohnzimmer eine amüsante Rede über das, was war und jenes, was wird. Am 8. Januar 2017 war er das letzte Mal Gastgeber. Prof. Riesenhuber wird dem Deutschen Bundestag fehlen, mit seiner Lebenserfahrung, seiner Lebensfreude, den pointierten Reden – und nicht zuletzt der Jungen Union, als deren Mitglied er sich bis heute fühlt.

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